Wie jedes Jahr - mittlerweile zum neunten Mal - informierte der Verein Solidarische Landwirtschaft Rhein-Ahr e.V. - über seine aktuelle Arbeit. Zielgruppe sind vor allem neue Interessierte, die Gemüse oder Eier von einem der kooperierenden landwirtschaftlichen Betriebe beziehen wollen. Diesmal waren auch wieder einige Mitglieder und Konsumentinnen dabei, die ebenfalls an den neuen Entwicklungen Interesse hatten. Diesmal ging es nach einer kurzen Begrüßung und Einführung urch Gudrun Bonk und Iris Sönnichsen vom Vorstand los mit den Neuigkeiten vom Wilhelmshof, die Angelika Montwe stellvertretend für Familie Orth vorstellte: Zurzeit legen 110 Freilandhühner Eier für die SoLaWi, so gibt es 60 Anteile zu verteilen, und pro Woche gibt es 6 bis 12 Eier. Die Preise sind seit jahren stabil. 90% des Futters baut die Famlie selbst an. Nachts schlafen die 3 Herden in Hühnermobilen, wo sie vor Fuchs und Marder geschüttzt sind. Auch der Habicht ist eine potenzielle Bedroung; hier helfen seit kurzem einige Hähne, die ihn mit ihrem Krähen von seinem Vorhaben abbringen. Sollte die Vogelgrippe das Gebiet erreichen, ist für die Stallpflicht auch schon alles vorbereitet. Für die Freilandhühner wird diese allerdings kein Vergnügen; eingesperrt werden sie voraussichtlich viel miteinander streiten.
Eine Besonderheit auf dem Wilhelmshof ist, dass die Hühner ein Mal durch die Mauser gehen. Dies ist ein natürlicher Prozess, dem hier durch Steuerung von Tageslänge und Futterangebot nachgeholfen wird. Anschließend legen sie auch wieder Eier mit dickeren Schalen. Eine Herausforderung dabei ist, dass keine Federn in die Fütterungsanlage geraten dürfen.
Die zurzeit älteste Herde aus dem Jahr 2024 befindet sich gerade in der Mauser. Ab Ostern 2026 wird sie wieder Eier legen. Dann kommt die nächste Herde dran; dies sind Grünleger (Araucana), so dass immer nur eine Herde in der Mauser ist.
Es handelt sich um Zwei-Nutzungs-Hühner, die am Ende ihrer Legezeit als Suppenhühner Verwendung finden.
An Pfingsten hat der Wilhelmshof einige Küken unter der Wärmelampe im Hofladen selbst ausgebrütet. Dies ist fürs neue Jahr wieder geplant und eine Attraktion vor allem für Familien mit Kindern.
Anschließend stellte Andreas Nuppeney seinen Weg von der Konventionellen Landwirtschaft zum bio-zertifizierten "Wehrer Kesselgemüse" dar und skizzierte auch kurz seinen Lebenslauf. Er wollte weg von der Über- und Massenproduktion und nicht abhängig sein von den Vorgaben des Lebensmitteleinzelhandels, die nur "genormtes Gemüse" abnehmen. Bei der SoLaWi werden auch krumme Möhren, Riesen-Kohlrabi und andere Feldfrüchte, die nicht die Standardmaße erfüllen und somit normalerweise nicht vermarktbar wären, an die Konsumenten weiter gegeben, so dass nichts weggeworfen werden muss. Wichtig ist ihm zudem die Planungssicherheit, die er durch die bei der Bieterrunde vereinbarten Preise pro Gemüseanteil erhält. Diese basieren auf einer Kalkulation, welcher Richtpreis für ihn kostendeckend ist. Bei der SoLaWi Rhein-Ahr finden sich glücklicherweise immer genügend solidarische Konsumentinnen, die diesen Richtpreis oder sogar einen etwas höheren Betrag zahlen, so dass auch einzelne Konsumentinnen berücksichtigt werden können, die sich den Richtpreis nicht leisten können und etwas weniger zahlen. Dies ist ein weitere Aspekt der Solidarität: Hier sind die Konsumentinnen untereinander solidarisch.
Bei Andreas Nuppeney können die Konsumentinnen jederzeit auf dem Acker vorbeikommen und schauen, wo die Zwiebeln und Kartoffeln wachsen, die sie demnächst in ihrer Kiste oder in ihrem Depot vorfinden. Der "Wehrer Kessel" liegt auf 280 bis 450 m Höhe und damit so hoch, dass das Gemüse etwas langsamer wächst als beispielsweise am Rhein. Dennoch ist das Gebiet klimatisch günstig, und das dort gewachsene Gemüse schmeckt besonders lecker. Andreas Nuppeney bewirtschaftet 11 Hektar Fläche im Bio-Betrieb, davon 7,5 ha Acker (auf dem er Roggen, Weizen und Luzerne anbaut) sowie 1,5 Hektar Gemüse; dort baut er 40 Sorten an. Seit August 2019 ist der Betrieb EU-biozertifiziert. Auf eine weitere Zertifizierung mit anspruchsvolleren Labeln verzichtet der Betrieb bewusst, da dies letztendlich nur Kosten und keinen Mehrwert bringen würde. Seit 2018 hat sich die Anzahl der Konsumenten stark verändert: Gestartet ist man mit 60 großen Anteilen, was ungefähr 3 kg Gemüse pro Woche entspricht. Mittlerweile werden an die 145 Konsumenten fast nur noch kleine Anteile vergeben; manche Abnehmer teilen sich sogar einen kleinen Anteil mit einem anderen Haushalt. So konnten weiterhin bis zu 120 Haushalte versorgt werden und die Kundschaft wird gehalten.
Seit 2019 werden aus Roggen, Weizen und Ackerbohnen in Zusammenarbeit mit einem Bäcker aus Rieden wöchentlich 2 bis 3 verschiedene Brote angeboten. Diese können zusätzlich zum Gemüseanteil mit bestellt werden; hierzu gibt es eine wöchentliche Rundmail, auf die man sich melden kann. Auch Mehl kann erworben werden, es ist allerdings kein Auszugsmehl, sondern Vollkornmehl, es enthält also immer die Kleie. Im Jahr 2020 wurden zudem erstmals Champignons angeboten, diese gibt es jeweils im Winter, ebenfalls nach Ankündigung per Mail, als Zusatz-Ware. Andreas Nuppeney zeigte zur Veranschaulichung den Anbauplan für das Gemüsejahr 2025, in dem Gemüsesorten und die jeweils erwartete Erntemenge für das gesamte Gemüsejahr gezeigt werden.
Zum Abschluss gab Andreas Nuppeney einen Überblick über die typischen Termine im Laufe eines Gemüsejahres, das im März startet, worauf zwischen Mai und Juli die arbeitsintensivste Zeit auf dem Acker zwischen Mai und Juli mit monatlichen Helfer-Samstagen folgt, dann die Haupterntezeit im Herbst und schließlich die Bieterrunde für das neue Jahr im Winter. Jeweils freitags um 14 Uhr können entweder vorgepackte Gemüsekisten direkt am Betrieb in Wehr abgeholt werden, oder man schließt sich einem der 10 Depots bzw. einer der Abholgruppen (insgesamt 10) zwischen Thür und Remagen, zwischen Ahrweiler und Bad Breisig an, um dort sein Gemüse abzuholen.
Der informelle Teil schloss mit einem Ausblick auf das Jahr 2026: Aufgrund der guten Kartoffel- und Zwiebelernte wird der Vorrat bis zur neuen Ernte ausreichen. Möhren und Buschbohnen sollen in etwas geringerer Ausdehnung angebaut werden, da es den Konsumentinnen zu viel war. Rote Beete soll nicht mehr gesät, sondern nur noch gepflanzt werden, d.h. es werden kleine Pflanzen eingekauft anstelle von Saatgut. Seit drei Jahren wird bereits Mulchgemüseanbau betrieben, d.h. zwischen den Reihen wird Mulchmaterial - z.B. verrrottete Silage vom Grünland - auf den frisch bearbeiteten Boden ausgebracht. 2026 will sich Andreas Nuppeney noch mehr mit regenerativer Landwirtschaft befassen, u.a. mit Bakterien, Pilzen und anderen Stärkungsmitteln wie Gesteinsmehl. Pferdemist kommt nicht mehr zum Einsatz, da der logistische Aufwand zu groß ist. Der Richtwert für einen Gemüsanteil wird 60 Euro pro Monat betragen. Der Versuch, Rapsöl aus eigenem Anbau anzubieten, scheiterte daran, dass sich kein Betrieb findet, der die Rapssaat von den Unkrautsamen in gleicher Größe reinigt.
Schwierigstes Thema bleibt das knappe und schwer zu findende Personal; die gelegentlichen Helfer-Einsätze können diese Lücke nur unzureichend schließen. Teil dieses Problems ist auch, dass der Betrieb nur zur Ausbildung von Landwirten und nicht von Gemüsebauern zugelassen ist.
Iris Sönnichsen, Kassenwartin des SoLaWi Rhein-Ahr e.V., stellte schließlich den gemeinnützigen Verein vor, der im Unterschied zu anderen SoLaWis nichts selbst produziert oder verkauft, sondern im Hintergrund tätig ist, vor allem bei der Anwerbung von Konsumenten sowie mit Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Als Mitglied im "Netzwerk solidarische Landwirtschaft" wird auch die politische Arbeit beim Aufzeigen von regionalen und saisonalen Alternativen der Produktion und des Konsums von Nahrungsmitteln unterstützt. Mit 83 Mitgliedern ist die Vereinsgröße seit der Gründung 2017 stabil geblieben. Eine Mitgliedschaft der Konsumenten im Verein ist keine Pflicht, würde jedoch dessen Schlagkraft unterstützen. Das Tätigkeitsgebiet wurde nach und nach vom westlichen Kreisgebiet Ahrweiler Bonn weiter nach Süden auf Andernach und Mayen/Mendig ausgeweitet. Die Idee der solidarischen Landwirtschaft stammt aus Japan, wo es die ersten Genossenschaften in den 1979er Jahren entstanden; die Idee wurde in den 1980er Jahren in den USA aufgegriffen und hat seitdem viele Länder der Welt unter verschiedenen Namen (u.a. community supported agriculture) erobert.
Beim anschließenden gemütlichen Teil, bei dem es neben Kaffee und Kuchen auch herzhaftes Gebäck sowie die Brote des Betriebs "Wehrer Kesselgemüse" zur Verkostung gab, fachsimpelten die anwesenden Konsumentinnen mit den Neuzugängen über Zubereitungsarten für verschiedene Gemüse und die besten Rezepte.
Wer sich im kommenden Jahr am Konzept des "Ernte teilens" beteiligen will, kann sich unter www.solawi-rhein-ahr.de dafür anmelden.
Eine weitere Info-Veranstaltung findet am Samstag, 10. Januar 2026 im Laurentiussaal in Ahrweiler am Marktplatz statt.
